Die Schraube ohne Kopf
Wenn sich im Autoreifen etwas festsitzt, was dort nicht hingehört.
Als mich vor ein paar Tagen ein Bekannter darauf ansprach, dass der linke Hinterreifen meines Autos komisch aussehe, wollte ich es zuerst nicht glauben. Der gute alte Mit-dem-Fuß-gegentret-Versuch indes brachte es an den Tag: Da fehlt wohl Luft. Dabei laufen die Reifen seit meinem bislang letzten Polen-Aufenthalt im September mit dem Luftdruck für Vollbeladung: 2,9 Bar vorne und hinten.
Der Hinweis meines Bekannten war mir dann doch nicht so ganz geheuer. Also machte ich mich auf zur Tankstelle, um den Luftdruck aller vier Reifen zu testen. Das Ergebnis: Hinten links hatte ich nur noch 1,3 Bar. Tolle Wurst! Ich nutzte dann aber die Gelegenheit, den Luftdruck an den bremischen Alltag anzupassen. Nach den Hinweisen des Herstellers sollen es vorne 2,1 und hinten 2,0 Bar sein.
Alles in Ordnung? Weit gefehlt, mich beschlich eher ein Gefühl, dass ich das erste Mal in der nunmehr 16-jährigen Lebensgeschichte meines Autos einige Tage mit dem Reserverad fahren müsste. Schließlich ist ja in zwei Tagen verlängertes Pfingstwochenende, und da kann ich es wohl kaum einem Pannendienst oder einem Reifenservice zumuten, sich um den Hinterreifen meines Autos zu kümmern – und das Auge des Fachmenschen dann auch noch mit einer rostigen Felge zu beleidigen.
Mein lieber Kfz-Meister
Zum Glück gibt’s meine kleine, aber feine Fachwerkstatt fast um die Ecke. Ein Anruf am Nachmittag, ein kurzes Stöhnen meines Meisters, weil zurzeit so viel zu tun ist und dann die erlösende Nachricht: „Bringen Sie Ihren Wagen morgen früh her, ich schaue, was ich tun kann.“ Am nächsten Tag brachte ich also mein Auto gleich morgens gegen 8 Uhr in die Werkstatt. Und was soll ich sagen, nach nicht einmal drei Stunden meldete sich die Werkstatt zurück: Reifen repariert!
Meine Werkstatt zeigte sich beim Preis zudem recht entgegenkommend und erledigte das alles für kleines Geld – wohl wissend, dass sie in spätestens zwei Monaten größeres Geld umsetzen kann. Dann nämlich ist die nächste Hauptuntersuchung fällig. Aber bevor mein Auto den Augen des Prüfers standhält, muss ein kompletter Satz neuer Reifen her. Ergo ist die aktuelle Reparatur nur ein kurzes Aufbäumen des alten, quasi schon toten Reifens hinten links.
Der Grund des ganzen Malheurs war übrigens eine Schraube. Die musste sich schon vor längerer Zeit ins Gummi gebohrt haben, denn der Werkstatt-Meister sagte unüberhörbar belustigt: „Da fehlte schon der Kopf.“ Immerhin, die Schraube und ich haben zwei Gemeinsamkeiten: Ich bin hin und wieder genauso kopflos wie sie. Und: Endlich weiß ich, wo die Schraube abgeblieben ist, die bei mir locker gesessen hat.