Winter oder Schmidt?

Wiebke Winter oder Uwe Schmidt? Das ist die Frage bei der Bundestagswahl am 27. September. In meinem Wahlkreis 55 Bremen II tritt nicht bloß eine CDU-Frau gegen einen SPD-Mann an. Es ist vielmehr eine Generationenwahl: Wiebke Winter ist 25 Jahre alt, Uwe Schmidt 30 Jahre älter. Dies schlägt sich auch in der Art des Wahlkampfs nieder.

Schon wieder Wiebke Winter. Gestern war es der Wahlkampf von Tür zu Tür. Heute ein Unternehmensbesuch und morgen eine Sitzung. Was Wiebke Winter macht, ist auf allen Social-Media-Plattformen zu sehen: auf Instagram, auf Facebook, auf Twitter, auf LinkedIn. Hin und wieder finde ich Wiebke Winter auch in den klassischen Medien. Da gab es ein Interview in den Tagesthemen, einen Beitrag in den großen Tageszeitungen – die Liste ließe sich noch um einiges verlängern. Wiebke Winter ist: Spitzenkandidatin der CDU in meinem Wahlkreis 55, Landesvorsitzende der Jungen Union, Mitbegründerin der Klima-Union und so weiter.

Was macht Uwe Schmidt? Der SPD-Abgeordnete meines Wahlkreises ist für mich kaum sichtbar. Hin und wieder nehme ich von ihm wahr, dass es ein Fotoshooting in Bremerhaven gibt und er war bei der Eröffnung des SPD-Wahltreffs für Bremen-Nord dabei. Aber das war es denn auch schon. Immerhin: Kurz bevor ich diesen Beitrag anfing, hatte sein Büro noch eine Presseinformation per E-Mail geschickt: „Impfung für Seeleute in Bremischen Häfen startet.“ Dass sich der SPD-Mann in dieser Woche mit den Mitgliedern des Vereins Maritime Tradition Vegesack „Nautilus“ traf, erfahre ich nur durch eine Recherche auf Uwe Schmidts Facebook-Seite.

Strategien zweier Generationen

Wiebke Winter versus Uwe Schmidt, hier treffen die Wahlkampfstrategien zweier Generationen aufeinander. Die 25-jährige CDU-Herausforderin geht die Wege ihrer Generation – wohl in der Hoffnung, die jungen Wählerinnen und Wähler abzugreifen. Der 30 Jahre ältere Platzhirsch hingegen hat sich für die traditionelle Variante entschieden: Plakate aufhängen lassen, Schnack auf dem Wochenmarkt mit den – zumeist älteren – Leuten und die Verteilung von Flyern.

Angesichts der medialen Omnipräsenz seiner Herausforderin sind ihre Chancen aus meiner Sicht sehr groß, dem Herausgeforderten einen Großteil seiner Erststimmen abzujagen. Wenn es indes nicht gelingt, dürfte es für Wiebke Winter nicht allzu tragisch sein: Da sie auch auf der CDU-Landesliste auf einem guten zweiten Platz hinter dem bisherigen CDU-Fraktionsvorsitzenden in der Bremischen Bürgerschaft, Thomas Röwekamp, liegt, dürfte ihr Einzug in den Bundestag so gut wie sicher sein. Gleiches gilt für Uwe Schmidt.

Beide im Bundestag

Schafft sie auf die eine oder andere Weise den Sprung in den Bundestag, sind aus meinem Wahlkreis aber auch zwei komplett unterschiedliche Lebens- und Ausbildungswege im Parlament vertreten. Uwe Schmidt verkörpert den Hafenarbeiter, den Malocher, der sich durch sein Engagement über den Betriebsrat des Gesamthafenbetriebsvereins Bremen (GHBV) nach oben gearbeitet hat. Gelernt hat Uwe Schmidt übrigens Kfz-Mechaniker.

Wiebke Winter hingegen machte 2013 am Gymnasium Vegesack als zweitbeste Schülerin im Land Bremen ihr Abitur und studierte Jura an der Bucerius Law School in Hamburg. Das Staatsexamen legte sie laut ihrer Internetseite „mit Prädikat“ im Oktober 2018 ab. Inzwischen schreibt Wiebke Winter an ihrer Doktorarbeit – über Künstliche Intelligenz und Big Data im Gesundheitswesen.

Eine persönliche Anmerkung

Zum Schluss noch eine persönliche Anmerkung: Ich bin in der gleichen Partei wie Uwe Schmidt und gehöre dem SPD-Ortsverein Aumund-Vegesack an. Der eine oder andere Leser denkt sich jetzt sicherlich: Ach, der ist parteiisch. Ja, das bin ich. Aber nur in Sachen Grundwerte.