Sie oder ich

Wer im Lokalen (meint) bestimmen zu können

Aus Gründen des Rechts am eigenen Bild ist hier nur der Blumenstrauß zu sehen. Foto: Buschmann

Die Geschichte geht so: Eine Wildeshauser Stiftung lädt zum Medientermin ein. Der Inhalt: Die neue Leiterin einer Kindertagesstätte wird vorgestellt. Eigentlich ist es kein Problem, der Termin kurz. Dabei fängt das Ganze schon für einen Ortsunkundigen komisch an: Wo bitte ist der Eingang? Und warum öffnet keiner die Tür? Von drinnen zeigt eine Erzieherin nach rechts. Dass es heißen soll, oben ist eine Klingel ist nicht jedem verständlich. Also geht es durch den Notausgang in die Kita hinein.

Der Kollege der Konkurrenz ist schon fast durch, wir aber müssen wegen der Verspätung das Foto noch einmal machen. Der Geschäftsführer eben dieser katholischen Einrichtung setzt gerade zur Anweisung für das Motiv an. Doch er muss sich eine Belehrung anhören, dass es der Lokaljournalist ist, der die Richtung bestimmt. Der Geschäftsführer macht (noch) gute Miene zum bösen Spiel, denn vom Lokaljournalisten bekommt er Gegenwind.

Neue Leiterin sträubt sich

Auch die neue Leiterin zickt jetzt ein wenig rum: Nein, in die Sandkiste wolle sie sich nicht setzen. Dann vielleicht auf das Holzpferd? Nein, das finde sie auch blöd. „So etwas machen wir nicht“, plustert sich der Geschäftsführer der katholischen Stiftung auf. Also noch einmal die Belehrung: Der Lokaljournalist ist Herr der Reusen – zumindest in Bezug auf Texte und Fotos. Die Stimmung ist kurz vorm Explodieren, dann der Vorschlag: Okay, wir machen es drinnen mit der simulierten Übergabe des obligatorischen Blumenstraußes. Ende des Termins.

Kleine Provinzfürsten

Mit diesen oder ähnlich gelagerten Geschichten haben gerade Lokaljournalisten immer wieder zu tun: Provinzfürsten, die glauben, das Zepter in der Hand zu halten. Ihnen gegenüber müssen die „Schreiberlinge“, wie sie auch gerne genannt werden, eines zeigen: Haltung. Die kann ganz verschieden aussehen. Die Palette reicht von „Auf Stur schalten“ vor Ort bis zur eleganten Lösung: Wir tun so, als ob wir alles das machen, was der Provinzfürst möchte und planen doch in der Redaktion um. Manchmal ist das Ganze noch mit einem Kommentar verbunden, meistens wird es einfach so gemacht. Manchmal beschweren sich die Provinzfürsten, meistens erfolgt keine Reaktion.

Rückhalt der Redaktion

Wichtig für uns Freie dabei: Wir benötigen den Rückhalt unserer jeweiligen Lokalredaktion. In diesem Fall ist es so, doch es gibt leider auch genug andere Beispiele. Redakteure kuschen vorm Provinzfürsten, weil sie „keinen Stress“ wollen oder weil die Geschäftsleitung sich um eventuell folgende Anzeigenaufträge sorgt. In solch einem Fall hat natürlich der Freie als schwächstes Glied in der Kette verloren.

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